Beate Mayr'

zu den grafischen Arbeiten



Bei Riess kleinformatigen Tagebuchaufzeichnungen, manchmal „Stundenbuchaufzeichnungen“ handelt es sich um Bilderserien – gezeichnet, gemalt, collagiert, gedacht, benamt - innerhalb von bestimmten Zeitabschnitten. Manchmal einer Nacht, einer Woche, eines Lebensabschnitts eben. Die Arbeiten besitzen eine rastlose Flüchtigkeit, der Autor befindet sich einerseits auf der Suche zwischen Linien, klaren monochromen Flächen, Gegenständlichkeiten – der Stift sucht weiter nach Formen, um diese wieder zu zerstören und weiterzugehen. Titel tauchen als zusätzliche Farbe auf, geben etwas dazu, lassen die Arbeiten jedoch nie zu Illustrationen werden, sondern stehen ihnen als Kontrapunkt gegenüber.

So schafft Thomas Riess Schneisen und Brüche für uns als BetrachterInnen, über die wir in die Bilder einzudringen vermögen, um für unser Eigenes Platz in den Bildern zu finden zwischen Suche, Aggression, Wut, Verwunderung, Witz oder Erotik.

Thomas Riess pflegt einen sehr respektlosen Einsatz von Stiften und Farben – grüner Filzstift trifft etwa Goldhintergrund - bei seinem genauen Blick aus dem Bauch heraus – seiner Innenschau, die er nach außen kehrt.

Mit diesen Bildern erzählt Thomas Riess zwar etwas aus seinem Leben, aber zwischen Bildern und Titeln schleust, ja saugt er uns in unsere eigenen privaten Lebenswelten. Ausgehend vom Selbst als Gegenstand, zeigt er Farben, Formen, um diese, sobald sie der Realität nahe kommen, wieder ihrer Gegenständlichkeit zu berauben, fetzt vor sich hin, über sich hinweg, in sich hinein, durch uns hindurch.

Er erzählt uns von Beziehungen zu sich selbst als Mann, zu anderen, der Einsamkeit, dem Suchen, der Quelle, der Fleischeslust, den schreienden Gesichtern, setzt den Nimbus in Gold der Verletzlichkeit entgegen, tastet sich zwischen Herzrasen, Autofahrten bis zur Promenaden-
mischung durch seine Stunden und Tage.

Dr. Beate Mayr